Wenngleich die schulmedizinischen Methoden manchmal mit der homöopathischen Philosophie nicht vereinbar zu sein erscheinen, ergänzen sich beide in der Praxis jedoch in mancher Hinsicht ganz ordentlich und passen insgesamt weit besser zusammen, als man dies eigentlich erwarten würde.
Bei beiden sind die Technik und die Wichtigkeit, eine anatomische und eine pathologische Diagnose zu erstellen, dieselben, obgleich in der Praxis der Schulmedizin die Diagnose den Endpunkt der Untersuchung darstellt und üblicherweise weitestgehend die Behandlung diktiert.
Im Gegensatz dazu ist für den Homöopathen die klinische Diagnose erst der Anfang und nur einer von vielen Faktoren bei der Auswahl der homöopathischen Arznei, und nur selten stellt die klinische Diagnose den wichtigsten Faktor für die Arzneiwahl dar.
Auf jeden Fall soll hier eindringlich darauf hingewiesen werden, dass die Homöopathie nicht als Ersatz für die erfahrene professionelle medizinische Hilfe eines ausgebildeten Arztes erachtet werden sollte, wenn sie sich als notwendig erweist.
Die klassische Homöopathie ist eine attraktive erste Option für Patienten, die an sog. funktionellen Beschwerden oder einer geringfügigen organischen Pathologie leiden – wie PMS (Prämenstruelles Syndrom), ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätssyndrom) oder das Chronische-Erschöpfung-Syndrom / Burnout-Syndrom, denn bei diesen Beschwerden bieten die Standardbehandlungen der Schulmedizin auf jeden Fall nur vorübergehende Linderung.
Doch die Homöopathie leistet auch Großartiges bei hartnäckigen, unheilbaren Fällen oder bei solchen Patienten, die sich im Endzustand ihrer Krankheit befinden, bei denen schulmedizinische Medikamente versagt haben oder sich ihr Nutzen erschöpft hat.
Umgekehrt sind in Notfällen und anderen Erkrankungen, die sich rasch entwickeln oder bei denen der Tod droht, oder deren Entwicklung zu irreversiblen Gewebeschäden führt, Medikamente und chirurgische Eingriffe typischerweise die Behandlungsmethoden der ersten Wahl, und sie sind gleichermaßen unverzichtbar als unterstützende Maßnahme und letzte Zuflucht, wenn sich sanftere Ansätze der Heilung als unzulänglich erweisen.
In den meisten Fällen können beide Methoden einander wirkungsvoll ergänzen, und mögliche Konflikte zwischen beiden lassen sich fast immer vermeiden, wenn die Ausübenden dieser von einander so verschiedenen Traditionen und Glaubenssätze bereit sind, mittels einer Zusammenarbeit voneinander zu lernen, in der man sich gegenseitig respektiert und dabei die besten Interessen des Patienten im Blick hat.