Die Behandlung von Asthma stellt einen der am meisten zufriedenstellenden Aspekte der homöopathischen Praxis dar. Die meisten Asthma-Patienten reagieren rasch auf das korrekte homöopathische Konstitutionsmittel. Dennoch darf man die Behandlung von Asthma nicht allzu leicht nehmen, besonders da dieser Zustand lebensbedrohlich sein kann.
In den vergangenen Jahren haben asthmatische Erkrankungen zugenommen. Heutzutage begegnen wir bereits oft Fällen von Kindern, die bei jeder „Brusterkältung” oder einer Bronchitis im Frühstadium aggressiv mit Antibiotika behandelt worden sind. Häufig sind solche Fälle in ein chronisches Asthma abgerutscht, das durch die schulmedizinische Behandlung immer wieder auftretender Brustinfektionen verstärkt wird. Zum schulmedizinischen Ansatz gehört es, dass immer früher interveniert wird – oft schon bei dem geringsten Anzeichen einer Infektion der oberen Atemwege –, um Asthmaanfälle zu verhindern. Der Homöopath erkennt diese schulmedizinisch verursachte Unterdrückung der Infektionen als mögliche Ursache der zunehmend schlimmer werdenden Erkrankung.
Darüber hinaus hat sich die konventionelle Praxis in den letzten Jahren auf eine aggressivere und frühere Therapie mit Medikamenten mit stärker unterdrückender Wirkung verlagert – besonders die systemischen Korticosteroide, die inhaliert werden. Das Problem wird durch die neuere Erkenntnis verschärft, dass schleimlösende und die Bronchien erweiternde Broncholytika gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen können. Daher ist die homöopathische Behandlung von Asthma schwieriger geworden, weil das natürliche Muster der Krankheit verschleiert wird und unsere Arzneimittel Schwierigkeiten haben, die starke Wirkung der schulmedizinischen Medikamente zu überwinden.
Behandlung
Asthmakategorien
Zum Zweck der Behandlung ist es hilfreich, Asthma in vier Kategorien einzuteilen:
1) Akute Asthma-Krise – dazu gehören Patienten, bei denen die asthmatischen Beschwerden erst kürzlich eingesetzt haben oder bei denen nur ein einzelner Asthmaanfall aufgetreten ist.
2) Periodisches Asthma – dazu gehören Patienten, die phasenweise an Asthmaanfällen leiden, und denen es zwischen diesen Anfällen völlig gut geht.
3) Chronisches Asthma – dazu gehören Patienten mit konstantem Asthma, die leichte Medikamente brauchen, wie etwa Theophyllin, Terbutalin und alle inhalierten Medikamente.
4) Kompliziertes Asthma – zu dieser Gruppe gehören Asthma-Patienten, die starke konventionelle Medikamente verwenden, einschließlich systemischer Cortisone oder anderer immunsupressiver Wirkstoffe wie etwa Methotrexat.
Hierarchie der konventionellen Medikamente
(in absteigender Reihenfolge von „weniger belastend“ hin zu „sehr belastend“)
1) Antihistaminika
2) Inhalationspräparate, die Cromoglicinkarbonat enthalten
3) Bronchospasmolytica – Alupent, Salbutamol usw.
4) Systemisches Theophyllin oder Terbutalin oder Bricanyl
5) Eine Kombination von Theophyllin und Terbutalin oder Bricanyl
6) Inhaliertes Cortison
7) Systemische Cortisone in zwei- bis dreiwöchigen Blöcken
8) Chronisch einzunehmende systemische Cortisone
9) Methotrexat oder andere Immunsuppressiva
Während der homöopathischen Behandlung versucht der Homöopath, den Fall – unter Gewährleistung der Sicherheit des Patienten und unter Einschränkung der Symptome auf ein erträgliches Maß – hierarchisch so niedrig wie möglich in die konventionelle medikamentöse Therapie einzustufen. Wenn die Besserung eintritt, setzt man die Medikamente ab, indem man sich zuerst aus dem Medikament mit der stärksten unterdrückenden Wirkung heraus schleicht. Im Zweifelsfalle ist es besser, übervorsichtig zu sein.
Behandlung der ersten Gruppe
Bei Patienten, die wegen einer neuen Asthma-Erkrankung in die Praxis kommen, d.h. wegen einer akuten Asthmakrise, ist es wahrscheinlich, dass ein klares Symptombild vorliegt, anhand dessen der Homöopath verschreiben kann. Der Anfall tritt entweder im Zusammenhang mit einer akuten Atemwegsinfektion oder mit akuten allergischen Reaktionen auf. Solche Patienten nehmen selten irgendwelche konventionellen Mittel, was die akute Wirkung des homöopathischen Arzneimittels ebenso begünstigt wie die Klarheit des homöopathischen Bildes. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird der Homöopath den gesamten (= konstitutionell bedingten) Fall aufnehmen, wobei der akute Zustand in den Mittelpunkt gestellt wird, aber gleichzeitig versucht der Homöopath, das Konstitutionsmittel zu bestimmen.
Therapeutische Hinweise für die Behandlung der ersten Gruppe
Was macht hier die Homöopathie?
Wenn der Patient stabil genug ist, um mit homöopathischen Mitteln allein behandelt werden zu können, setzt die Heilreaktion schneller ein und ist von größerer Dauer.
Wenn die Krise sehr akut oder ernst ist, sollte eine rasche Besserung durch das Arzneimittel (d.h. innerhalb von zwei bis drei Stunden) eintreten.
Wenn die Krise bereits länger als zwei oder drei Tage besteht, kann es länger dauern, bis eine Besserung eintritt – bis zu 12 Stunden nach der ersten Arzneimittelgabe.
In schweren Fällen muss das Arzneimittel oft wiederholt werden – alle zwei bis vier Stunden. Die Reaktion ist gewöhnlich rasch, oft in den ersten Minuten oder zumindest ersten Stunden nach der Gabe des korrekten Arzneimittels.
Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?
Wir können oft mit Ergänzungsmitteln Linderung verschaffen (wenn der Patient sich nicht in einem Notzustand befindet). Besonders nützlich sind: Leinöl (2 Teelöffel täglich); Bromelain (100 mg 3 x tägl.); Quercetin (500 mg 3 x tägl.); Vitamin C.
Der Patient sollte schleimbildende Lebensmittel, wie Milchprodukte und Weizen, meiden.
Auch kalte Lebensmittel wie Eiswürfel oder Speiseeis sollten gemieden werden.
Die massnahmen der Schulmedizin
Wenn die Krise sehr ernst ist, sollte natürlich ein Lungenfacharzt parallel zur homöopathischen Behandlung zu Rate gezogen werden. Es kann notwendig sein, den Patienten mit schulmedizinischen Maßnahmen zu stabilisieren, bevor oder während man mit der homöopathischen Behandlung beginnt. Unter keinen Umständen sollte ein Patient in Gefahr gebracht werden. Unserer philosophischen Überzeugung in der Homöopathie entspricht es, dass die Sicherheit unseres Patienten oberstes Gebot ist.
Behandlung der zweiten Gruppe
Bei der Patientengruppe, die an periodischen oder jahreszeitlich bedingten Asthmaanfällen leiden, ist die Situation oft etwas komplizierter. Erstens nimmt der Patient oft bereits konventionelle Medikamente, von früheren Episoden her, die das Symptombild bedeutend ändern. Zweitens ist die Erkrankung Teil des Konstitutionsbildes und bedarf eventuell des Konstitutionsmittels (anstelle eines scheinbar indizierten akuten Arzneimittels), selbst wenn dieses Arzneimittel nicht jedes Symptom der akuten Krise abdeckt. Drittens kann die Reaktion auf das Arzneimittel träger sein, weil ein tieferer Prozess behandelt wird – das heißt eine chronische Krankheit.
Therapeutische Hinweise für die Behandlung der zweiten Gruppe
Was macht hier die Homöopathie?
Der Patient in seiner Gesamtsymptomatik muss berücksichtigt und bewertet werden mit der Erwartung, ein Konstitutionsmittel zu verschreiben.
Wenn nach dem Konstitutionsmittel eine weitere Krise auftritt, oder selbst wenn es zu einem Rückfall kommt, so ist das nicht unbedingt ein Zeichen, dass das Arzneimittel versagt hat. Wir müssen die Jahreszeit berücksichtigen, die Stressbelastung im Leben des Patienten, den Schweregrad des Anfalls, die Medikamentendosis, die währenddessen nötig war. Anhand eines Vergleichs des erneuten Anfalls mit früheren Episoden lässt sich die Wirksamkeit der Behandlung bestimmen.
Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?
Man muss sorgfältig darauf achten, dass der Kontakt mit Allergenen auf ein Minimum beschränkt wird. Diesem Zweck dienen feinporige Filter, die in tragbare Luftfilter bzw. (wenn vorhanden) in die zentrale Klimaanlage eingesetzt werden.
Unterstützende Wirkung haben: Leinöl (2 Teelöffel täglich); Quercetin (500 mg 3 x tägl.); Bromelain (100 mg 3 x tägl.); Vitamin C; Bienenhonig.
Die massnahmen der Schulmedizin
Der Patient soll seine konventionellen Medikamente nach Bedarf weiterhin nehmen dürfen, und man schleicht sich allmählich heraus, soweit die Besserung dies zulässt. Diese Patienten sind mit dem Prozess des Absetzens von Medikamenten in der Regel vertraut.
Behandlung der dritten Gruppe
Patienten mit chronischem Asthma, die Medikamente das ganze Jahr hindurch täglich verwenden, stellen eine noch größere Herausforderung an die homöopathische Behandlung dar. Bei diesen Fällen liegt eine noch stärkere Unterdrückung vor, sie haben eine schwächere Konstitution, die Symptomatik, und damit die homöopathisch verwertbaren Symptome, ist verschwommener, und man muss mit dem Absetzen der konventionellen Medikamente noch vorsichtiger sein. Viele Schulmediziner sind erst dann mit ihrem Behandlungsergebnis zufrieden, wenn die Symptome des Patienten vollständig unterdrückt sind. Dieser Umstand stellt natürlich eine bedeutsame Herausforderung bei der homöopathischen Arzneimitteldiagnose dar.
Therapeutische Hinweise für die Behandlung der dritten Gruppe
Was macht hier die Homöopathie?
Zur Klärung der Asthma-Symptomatik können wir Symptome aus der Vergangenheit hinzuziehen. Besonders nützlich sind Symptome der ersten Asthmaanfälle, sofern sich der Patient erinnern kann.
Wenn das Arzneimittel nicht gleich klar ist, kann man in Erwägung ziehen, dass der Patient die konventionellen Medikamente zwei oder drei Wochen lang soweit reduziert, dass eben gerade leichte Symptome auftreten. Auf diese Weise versucht der Homöopath, mehr Informationen über die Charakteristika der Erkrankung zu ermitteln.
Die Reaktionen auf das Arzneimittel fallen recht unterschiedlich aus. Im Verlauf der ersten vier bis sechs Wochen kann der Patient seine Medikamente oft drastisch reduzieren. Andererseits ist es möglich, dass man in der Anfangszeit nur eine Besserung der Gemütssymptome oder eine Zunahme der Energie feststellen kann, und dass das Asthma noch für einige Monate bestehen bleibt, bevor eine Besserung eintritt. So etwas trifft besonders dann zu, wenn die Krankheit bereits sehr lange bestanden hat. Es gilt aber in jedem Fall, im Zuge der Bewertung der Arzneimittelwirkung die gesamte Person zu berücksichtigen und einzuschätzen (= konstitutionelle Behandlung), nicht nur den Zustand der Atemwege.
Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?
Wenn dem Asthma eine Allergie zugrunde liegt, sollten wir, wie bereits erwähnt, sorgfältig darauf achten, dass der Kontakt mit Staub und Pollen vermieden wird, indem feinporige Luftfilter verwendet werden, unterstützt durch sorgfältiges Staubsaugen und Staubwischen.
Wenn viel Schleimproduktion im Vordergrund steht, kann eine Steigerung der Flüssigkeitszufuhr die Sekretion verdünnen. Weizen- und Milchprodukte aus dem Diätplan zu streichen, kann sich als nützlich erweisen. Und schließlich können Glucosamin-Sulfate (500 mg 3 x tägl.) die Schleimproduktion herabsetzen.
Leichte sportliche Betätigung kann die Kapazität der Atemorgane verbessern. Die Verwendung starker konventioneller Medikamente zur Stimulierung körperlicher Anstrengung ist eher schädlich. Leibesübungen an kalter Luft sollte man grundsätzlich vermeiden.
Die massnahmen der Schulmedizin
Der Homöopath beginnt die Behandlung, indem er den Patienten bittet, seine konventionellen Medikamente nach Möglichkeit auf die niedrigste Dosierung zu senken, wobei durchaus leichte Symptome entstehen sollten. So können wir den Fortschritt beobachten und einschätzen, indem wir uns von der erforderlichen Dosierung leiten lassen.
Ein hohes Fieber kann eine ausgezeichnete Reaktion auf das Arzneimittel sein (d.h. im Sinne einer Erstverschlimmerung, die eine nachfolgende Besserung in Richtung auf Gesundheit einleitet). Ein solches Fieber ist häufig der Vorbote einer tiefgreifenden konstitutionellen Besserung. Das Fieber in solchen Fällen ist oft 39ºC oder höher und kann mit oder ohne Schwäche auftreten. Allerdings kann hohes Fieber auch eine ernste Infektion bedeuten. Auskultation der Lungen, diagnostische Untersuchungen und Röntgenaufnahmen sind unter Umständen erforderlich, um hier die Differentialdiagnose zu stellen.
Behandlung der vierten Gruppe
Die Behandlung komplizierter Asthmafälle, in der Regel solche, die tägliche Gaben systemischer Kortisone über einen langen Zeitraum hinweg benötigen, ist immer schwierig. Viele dieser Fälle sind im Endeffekt unheilbar. Auf jeden Fall ist die Lebenskraft des Patienten stark beeinträchtigt. Nur durch sehr sorgfältige homöopathische Verschreibung kann hier schließlich eine Herstellung der Gesundheit erreicht werden.
Therapeutische Hinweise für die Behandlung der vierten Gruppe
Was macht hier die Homöopathie?
Es kommt häufig vor, dass sich das Asthma während der ersten sechs Monate der Behandlung kaum bessert, und dass eine Besserung nur auf mentaler und energetischer Ebene eintritt.
Die massnahmen der Schulmedizin
Man muss den Fehler vermeiden, übereifrig das Kortison abzusetzen. Wenn die Dosierung zu schnell reduziert wird, tritt oft ein starkes Aufflammen der Symptome ein. Man sollte wissen, dass beim Absetzen Vorsicht geboten ist.
Die Dosierung von Kortison ist mit der Steuerung eines sehr großen Schiffes vergleichbar: Man sieht die Wirkung einer Dosierungsänderung erst mehrere Tage später.
Während der homöopathischen Behandlung empfiehlt sich eine nur sehr allmähliche Reduzierung der Kortison-Dosierung über viele Wochen hinweg.
Wenn der Patient irgendwelche Zeichen einer Dekompensierung bei der niedrigeren Dosierung zeigt, sollte die Dosis wieder für drei Wochen erhöht werden. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass es sechs bis zwölf Monate dauert, einen Patienten von systemischen Kortisonen zu entwöhnen. Der Fall liegt natürlich anders, wenn der Patient erst seit wenigen Wochen oder Monaten Kortison einnimmt.
Ein Blick in die „Werkstatt“
Hier folgt als Beispiel aus der großen Menge bewährter homöopathischer Arzneien die Symptomatik einer Arznei für die akute asthmatische Krise. Das jeweilige Mittel wirkt erfolgreich, wenn der Patient genau diese Symptome als Krankheit entwickelt, die ein Spiegelbild der spezifischen Symptomatik der passenden Arznei ist.
Arsenicum album
Hauptindikation: akutes Asthma, entweder hervorgerufen durch Infektion der Atemwege oder Allergie
Asthma mit angespanntem Keuchen. Der Patient empfindet eine Brustbeklemmung, ohne zu keuchen
Keuchen infolge Allergien gegen Katzen oder Staub oder Rauch
Begleitsymptome: Bronchitis oder Pneumonie mit Keuchen und spärlichem Auswurf
Schlimmer in der Zeit von 24 Uhr bis 2 Uhr
Schlimmer spezifisch gegen 1 Uhr oder 2 Uhr morgens
Schlimmer im Liegen, der Patient muss deshalb aufrecht oder vornüber geneigt sitzen.
Schlimmer durch kalte Luft
Schlimmer durch kaltes Wetter
Schlimmer bei Bewegung
Schlimmer Asthma nach unterdrücktem Hautausschlag
Besser durch Wärme
Besser durch heiße Getränke
Besser wenn der Patient vornüber gebeugt sitzt oder sich wiegt
Allgemein: Es besteht ein sehr großer Mangel an Lebenswärme und der Patient ist unruhig.
Allgemein: Durst auf kleine Schlucke während der Krise
Allgemein: starker Schweißausbruch während der erschwerten Atmung
Gemütsverfassung: Der Patient ist ruhelos, ängstlich, voller Furcht bei Atemnot