Hier geht es um akute und chronische Krankheiten der Leber. Natürlich sind viele der homöopathische Arzneimittel und Symptome bei Beschwerden der Gallenblase und der Leber gleichermaßen indiziert. Gallenkolik wird in der Thematik „Leibschmerzen” berücksichtigt. Akute Hepatitis (Leberentzündung), chronische Leberschwäche und sogar Leberzirrhose gelten ihrem Wesen nach demselben Spektrum zugehörig.
In der Homöopathie wird eine Leberschwäche durch bestimmte Muster von Symptomen erkannt. Wir suchen nach einem Netz von gemeinsam vorkommenden Symptomen, die uns den Gedanken an eine Leberschwäche nahelegen. Selbst wenn keine offensichtliche Leberkrankheit vorliegt, können wir aus der Existenz bestimmter Symptome ableiten, dass beim Patienten eine Leberschwäche besteht. Zu diesen Symptomen gehören:
Gemüt
Angst und emotionale Unsicherheit; Mangel an Mut
Abneigung gegen Aggression; der Patient kann und mag sich Konflikten nicht stellen.
Reizbarkeit, Geistestrübung, Trägheit am Morgen
Allgemeines
Energiemangel; plötzlicher Energieabfall
Rechtsseitige Symptome
Gelüste auf Süßigkeiten und Alkohol
Unverträglichkeit von Fett
Nicht ausgeruht nach dem Schlaf; Verschlimmerung morgens
Kopf
Kopfschmerzen morgens, besonders im rechten Stirnbereich
Kopfschmerzen in Verbindung mit Übelkeit oder Verdauungsstörungen
Gelbe Skleren der Augen
Verstopfte Nase und geschwollene Nasenschleimhäute
Bitterer Mundgeschmack
Verdauungstrakt
Blähungen, Aufstoßen, Verdauungsstörungen, Reflux, Sodbrennen
Blähungen und Auftreibung des Bauches
Stuhlverstopfung, oft im Wechsel mit Durchfall
Schmerzen oder große Empfindlichkeit im rechten oberen Bauchquadranten
Extremitäten
Rechtsseitige Schulterschmerzen und Schleimbeutelentzündung
Schmerzen im linken Schulterblatt
Haut
Gelbsucht
Juckreiz ohne Ausschlag
Hautausschläge aller Art, besonders feuchte Ausschläge
Wenn dieser Komplex bei einem Patienten vorliegt, wird der Homöopath oft das korrekte Konstitutionsmittel unter den bekannten Lebermitteln finden. Natürlich kann beinahe jedes Konstitutionsmittel eine Lebererkrankung beseitigen, wenn es durch tiefere Symptome des Falles indiziert ist.
Behandlung
Eine akute Hepatitis sieht man in der homöopathischen Praxis selten. Die meisten Patienten mit Hepatitis A wissen, dass die Krankheit spontan heilt und kommen daher nicht zur Behandlung. Die ernsteren Hepatitisformen – Hepatitis B und C – verlaufen beinahe immer chronisch und sind bereits chronisch, wenn der Patient zur homöopathischen Behandlung kommt. Mit homöopathischen Arzneimitteln lassen sich bei solchen Patienten dramatische Wirkungen erzielen, und man kann damit die Leberentzündung beseitigen oder doch zumindest deutlich begrenzen. Es handelt sich fast immer um eine Konstitutionsbehandlung. Toxische Hepatitisformen durch Alkohol, Chemikalien und Medikamente können ebenfalls gut auf die homöopathische Behandlung reagieren. Zirrhose ist eine sehr schwere Erkrankung, und wir sollten nicht behaupten, einen solchen Zustand ohne weiteres heilen zu können, doch lässt sich durch die homöopathische Behandlung eine wesentliche Besserung der allgemeinen Gesundheit und der Funktionen des Patienten erzielen. Wenn es Anzeichen für eine fortgeschrittene Zirrhose gibt – Ösophagusvarizen (Krampfadern der Speiseröhre), verzögerte Gerinnung bei Blutungen, Appetitverlust und Gewichtsabnahme usw. – ist es unklug, eine homöopathische Behandlung des Patienten ohne Rücksprache mit einem Internisten zu versuchen.
Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?
Außer der Behandlung mit homöopathischen Arzneimitteln ist es gut, eine Umstellung der Ernährung zu empfehlen. Anstatt den Patienten zu sagen, dass sie lediglich den Fett-, Zucker- und Alkoholkonsum einschränken sollen, ist es oft produktiver, eine Ergänzung von täglich fünf bis sechs Portionen Obst und den täglichen Verzehr von Wassermelone, Radieschen, Blattsalat und Gemüse zu empfehlen.
Der Patient sollte auch die Flüssigkeitszufuhr steigern, Koffein vom Speiseplan streichen und eine sanfte Fastenkur in Betracht ziehen (drei Tage lang gedämpftes oder rohes Gemüse und Obst).
Wenn eine beträchtliche Leberschwäche vorliegt, hat es eine wohltuende Wirkung, wenn der Patient die Mahlzeiten beendet, noch während der Hunger nicht vollständig gestillt ist.
Ergänzende Nahrungsmittel zur Unterstützung von Patienten mit Leberschwäche sind u.a.: Mariendistelextrakt (200 mg 3 x tägl.); Lezithin (1 Teelöffel täglich); Leinöl (1 Teelöffel täglich); Coenzym Q10 (60 mg täglich).
Die massnahmen der Schulmedizin
Die Hauptsäule der schulmedizinischen Behandlung ist Interferon. Es ist schwierig, die Wirkung der homöopathischen Behandlung bei Patienten einzuschätzen, die dieses Medikament einnehmen, weil es häufig zu einer antidotierenden Wirkung des Homöopatikums kommt. Es ist besser, den Patienten die Interferonbehandlung zu Ende führen zu lassen, bevor man mit der homöopathischen Behandlung beginnt (es sei denn, es besteht eine starke akute Entzündung).
Obgleich wir Labortests selten als Hinweise auf die Wirkung des homöopathischen Arzneimittels nehmen, müssen wir bei chronischer Hepatitis doch aufmerksam auf die Spiegel des Serumleberenzyme achten. Bilirubin, Alkalinphosphatase und Transaminase-Spiegel sollten über einen Zeitraum von ein bis zwei Monaten alle allmählich auf Normalwerte kommen.
Ein Blick in die „Werkstatt“
Hier folgt das Beispiel von zwei homöopathischen Hauptmitteln aus einer Anzahl in Frage kommender Arzneien zur Beseitigung von Leberbeschwerden. Die Mittel wirken erfolgreich, wenn der Patient genau diese Symptome entwickelt, die ein Spiegelbild der spezifischen Symptomatik der passenden Arznei ist.
Chelidonium
Hauptindikation: jede Form von Leber- oder Gallenblasenerkrankung mit starken Schmerzen
Schmerzen: Schmerzen im rechten oberen Bauchquadranten, die in das rechte Schulterblatt ausstrahlen (oder in die Schulter, oder seltener noch in das linke Schulterblatt)
Schmerzen: einschnürende oder krampfartige Schmerzen
Schlimmer gegen 4 Uhr (bis 9 Uhr) morgens; abends
Schlimmer durch den Verzehr fetter Speisen
Schlimmer infolge Entrüstung
Besser durch warme Getränke
Besser durch Hitze
Besser durch Essen
Besser in Linksseitenlage mit zum Leib hochgezogenen Beinen
Begleitsymptomatik: häufig ausgeprägte Gelbsucht
weitere Indikationen: Neugeborenengelbsucht
Nahrungsmittelverlangen: warme Getränke
Nahrungsmittelverlangen: warme Milch
Begleitsymptomatik: Die Zunge ist gelb und weist Zahnabdrücken auf.
Begleitsymptomatik: starker Juckreiz bei Gelbsucht (Dol.)
Leber: vergrößert, hart, schmerzhaft
Leber: vertikal vergrößert
Leber: Zirrhose
Gemüt: Der Patient ist während der Beschwerden beinahe immer gereizt. Herrisches Verhalten
Bryonia
Hauptindikation: Hepatitis, die besonders den rechten Leberlappen angreift
Schmerzen: entsetzliche stechende Schmerzen durch die Leber hindurch
Schmerzen: Ausstrahlung zum Schulterblatt
Empfindung: Die Leber fühlt sich schwer an, wie ein Klumpen im rechten oberen Bauchquadranten.
Empfindung: Gefühl, als würde die Leber aufplatzen; diese Empfindung verschlimmert sich durch Husten.
Schlimmer durch die geringste Bewegung
Schlimmer durch Erschütterung
Schlimmer durch tiefe Atemzüge
Schlimmer durch Husten
Besser in Rechtsseitenlage (kann aber Erbrechen auslösen)
Allgemein: Verschlimmerung bei heißem Wetter
Allgemein: Verschlimmerung im Sommer
Allgemein: großer Durst auf große Mengen Flüssigkeit
Nahrungsmittelverlangen: Bier
Begleitsymptomatik: Die Zunge ist trocken, braun in der Mitte oder hat einen gelben Belag.
Begleitsymptomatik: bitterer Geschmack im Mund mit großem Durst
Begleitsymptomatik: Erbrechen beim Liegen auf der rechten Seite während einer Leberkrankheit
Leber: Perihepatitis, welche die serösen Häute angreift
Leber: riesige Schwellung
Gemüt: Reizbarkeit
Gemüt: Abneigung, auf Fragen zu antworten