Otitis Media (Mittelohrentzündung)

Vor noch wenigen Jahrzehnten galt es als sehr ungewöhnlich, dass ein Kind im ersten Lebensjahr eine Mittelohrentzündung bekam. Inzwischen sieht man dieses Problem häufig bei Säuglingen jeden Alters. Diese Beschwerde hat in den letzten Jahren rasch zugenommen, sowohl was die Zahl der Kinder angeht, die davon betroffen sind, als auch hinsichtlich der Resistenz gegen Antibiotika. Selbst viele Schulmediziner sind heute der Ansicht, dass das medizinische Eingreifen zu dieser Steigerung der Krankheitshäufigkeit beigetragen hat. Jüngere Studien haben gezeigt, dass Antibiotika auf eine Mittelohrentzündung nur wenig Einfluss ausüben, weder die Dauer der Krankheit verkürzen noch mögliche langfristige Komplikationen wie Hörverlust oder Sprachstörungen verhindern. Wenn Sie als Eltern dies wissen, kann es Sie beruhigen, wenn Sie mit der Entscheidung über die Behandlung der Ohrerkrankung Ihres Kindes ringen.

Ein besonders unangenehmer Konflikt zwischen Homöopathen und Schulmedizinern ist das herrschende starke Behandlungsgebot der antibiotischen Versorgung bei einer Trommelfellperforation. Dieses Gebot ist enorm fest verankert im Bewusstsein der Menschen. Dies wird durch die logische und große Angst vor den Langzeitfolgen wiederholter Perforationen und Narbenbildung am Trommelfell ausgelöst. Noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts war die Punktion und Drainage eine Standardbehandlung zur Schmerzlinderung. Spontane Perforationen heilen nahezu immer spontan, folgen den natürlichen Nähten im Trommelfell und führen selten zu Langzeitfolgen.

Der Einfluss dieses so stark von der Schulmedizin vertretenen Gebots gegen die Möglichkeit, eine Absonderung aus dem Ohr unbehandelt zu lassen, hat homöopathisch vielerlei Konsequenzen. So führt die Verhinderung dieser Ausscheidungen aus dem Ohr mittels Antibiose häufig zum Stadium einer chronischen serösen Otitis („Ohrverklebung”). Eine weitere Folge ist, dass im Organismus des Patienten selbst oft eine Verlagerung der Problematik in tiefere Gewebeebenen stattfindet.

Die Behandlung der akuten Mittelohrentzündung

Was macht hier die Homöopathie?

Die homöopathische Behandlung und Ausheilung einer akuten Mittelohrentzündung verläuft häufig unglaublich rasch und sanft. Wenn das Kind an akuten Schmerzen leidet, verschafft das richtige Arzneimittel innerhalb weniger Minuten Linderung, häufig innerhalb von Sekunden, spätestens innerhalb einer Stunde. In solchen akuten Situationen ist eine akute Verschreibung äußerst wirkungsvoll. Obgleich dies selten vorkommt, so muss man doch sorgfältig aufpassen, dass sich eine Mittelohrentzündung nicht zu einer Hirnhautentzündung ausweitet. Fieberanstieg, jedes Zeichen von eingeschränkten Funktionen des Denkvermögens und des Sensoriums oder Toxizität und Nacken- oder Kopfschmerzen verlangen eine sofortige Neuuntersuchung. Sie als Eltern sollten über diese Zeichen informiert sein. Haben Sie den Mut anzurufen, wenn Sie zu einer für Sie beunruhigenden Situation Ihres Kindes Fragen haben.

Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?

Warmes Wollblumenöl oder Knoblauchöltropfen in das Ohr verschaffen oft Linderung. Das Öl sollte nicht bei Kindern verwendet werden, bei denen eine Trommelfellperforation stattgefunden hat. Zwei bis drei Tropfen in das Ohr träufeln und das Ohr mit einem Wattepfropf verschließen, damit das Öl nicht wieder herausläuft.

Die massnahmen der Schulmedizin

In Fällen mit starken Schmerzen wirken Tylenol oder Ibuprofen selten störend auf das homöopathische Arzneimittel. Diese Medikamente können jedoch wichtige Informationen löschen, die zur Arzneimittelfindung benötigt werden.

Die Behandlung der chronischen Mittelohrentzündung

Chronische Mittelohrinfektionen lassen sich ebenfalls homöopathisch gut behandeln. In diesen Fällen wird mit größter Wahrscheinlichkeit ein Konstitutionsmittel anstelle einer akuten örtlich begrenzten Verschreibung benötigt. In Fällen, die mehrere Monate lang geschwelt haben, kann es sein, dass die volle Wirkung des Mittels sich erst nach mehreren Wochen entfaltet. Die Bewertung der Arzneimittelwirkung sollte sich in den ersten Wochen auf den Allgemeinzustand des Kindes stützen und nicht so sehr allein auf die Ohrsymptome. In all diesen Fällen ist es am besten, mit der Behandlung zu beginnen, nachdem die konventionellen Medikamente abgesetzt wurden. In seltenen Fällen kann dies wegen der elterlichen Sorge unmöglich sein, so dass wohl oder übel eine Parallelbehandlung von homöopathischen Mitteln und Antibiotika erforderlich ist.

Die Verkomplizierung einer Ohrentzündung zu einer Mastoiditis – also einer akuten Entzündung im Warzenfortsatz des Schläfenbeins, wobei es zur Einschmelzung des Knochens kommen kann – sieht man in der homöopathischen Praxis selten. Es wäre unklug, Fälle ausschließlich homöopathisch zu behandeln, wenn es irgendeinen Hinweis auf ein Übergreifen der Infektion auf die Hirnhäute oder den Warzenfortsatz gibt.

Welche Hilfe gibt die Naturheilkunde?

Bei wiederholt auftretenden oder chronischen Ohrentzündungen von Kleinkindern müssen Sie als Eltern wissen, dass das Kind nicht im Liegen mit der Flasche ernährt werden darf. Diese Angewohnheit schafft in den Eustachischen Röhren die geradezu perfekten Bedingungen für eine Ausbreitung von Bakterien.

Bei manchen Kindern hilft es sicherlich allein schon dadurch, dass man auf Milchprodukte verzichtet. Sojamilch oder Reismilch sind gute Alternativen. Ziegenmilch wird häufig besser vertragen als Kuhmilch oder Käse.

Eine Eliminationsdiät kann auch sehr hilfreich sein, besonders in hartnäckigen Fällen. Als ersten Schritt sollte der Patient Milchprodukte, Weizen, Mais, Zitrusfrüchte und Erdnussbutter aus dem Speiseplan streichen.

Bitte sorgen Sie als Eltern dafür, dass Reizmittel oder Allergene, die inhaliert werden, ausgeschaltet werden, insbesondere Zigarettenrauch, Staub und Tierhaare. Ein Luftfilter im Kinderzimmer und ein entsprechender Filter im Staubsauger kann hier helfen.

Osteopathische oder craniosakrale Behandlung kann ebenfalls sehr hilfreich sein.

Die massnahmen der Schulmedizin

Bei Patienten, die täglich Antibiotika gegen eine chronische Mittelohrentzündung einnehmen, ist es sehr schwierig, mit einer homöopathischen Behandlung klare Resultate zu erzielen. Am besten lässt man den Patienten die konventionelle Behandlung zu Ende führen, bevor man mit der homöopathischen Behandlung beginnt.

Drainageröhrchen zur Trommelfellperforation stören die homöopathische Behandlung nicht.

Ein Blick in die „Werkstatt“

Hier folgt das Beispiel von zwei homöopathischen Hauptmitteln aus einer großen Anzahl in Frage kommender Arzneien zur Behandlung der Mittelohrentzündung. Die Mittel wirken, wenn der Patient genau diese Symptome entwickelt, die ein Spiegelbild der spezifischen Symptomatik der passenden Arznei ist.

Chamomilla

Hauptindikation: akute Mittelohrentzündung (oder auch chronische Mittelohrentzündung), besonders bei Säuglingen und Kleinkindern

Besonderheiten: äußerst schmerzhafte Mittelohrentzündung

Besonderheiten: Das Ohr ist extrem schmerzempfindlich.

Schlimmer bei Berühren des Ohres. Das Kind verabscheut die körperliche Untersuchung oder Berührung.

Schlimmer: 21 Uhr bis 22 Uhr; nachts; 9 Uhr bis 10 Uhr vormittags

Schlimmer durch kalte Luft

Schlimmer im Wind

Schlimmer durch Bücken

Besser beim Getragenwerden

Besser durch warmes Einhüllen

Besser bei Bewegung

Besonderheiten: Eine Wange ist rot und heiß, die andere blass und kalt.

Besonderheiten: Das Kind neigt dazu, sich nach hinten durchzubiegen.

Gemütsverfassung: Das Kind schreit, ist unerträglich reizbar und anstrengend, es muss getragen werden.

Belladonna

Hauptindikation: plötzliches Einsetzen pulsierender, unerträglicher Ohrschmerzen

Schmerzen: schreckliche, pochende Schmerzen, besonders auf der rechten Seite

Schlimmer gegen 15 Uhr

Schlimmer: Das Kind schreit nachts nach Mitternacht vor Schmerzen.

Schlimmer durch Zugluft

Schlimmer durch Lärm

Schlimmer beim Hinlegen

Schlimmer durch Erschütterung

Besser durch warme Umschläge

Begleitumstände: Das Trommelfell ist leuchtendrot, blutunterlaufen und wölbt sich vor.

Begleitumstände: Das äußere Ohr ist häufig rot.

Begleitumstände: Die Mittelohrentzündung ist begleitet von sehr hohem Fieber, rotem Gesicht und glasigen, glänzenden Augen, erweiterten Pupillen

Begleitumstände: heißes, gerötetes Gesicht, aber kalte Hände und Füße

Allgemein: Das Kind ist ohne Durst.

Allgemein: Es kann aber ein Verlangen nach Limonade bestehen.

Gemütsverfassung: erregt, Zuckungen oder sogar Delirium während des Fiebers